Was war Ihr Traumberuf – und was wurde daraus?

Franz Fischlin, 59, Journalist, ehemaliger Tagesschaumoderator
«In sich reinhören und -schauen»
«Schon als Kind faszinierte mich die Suche nach Fakten. Ich las Bücher über Ufos und Parapsychologie und versuchte den Wahrheitsgehalt rauszufinden. Zunächst wollte ich Kameramann werden und absolvierte deshalb eine vierjährige Fotografenlehre. Danach studierte ich in Freiburg Journalistik und Kommunikationswissenschaften. Parallel dazu arbeitete ich regelmässig für Lokalradios und Zeitungen. Das Medium Fernsehen war dann wie eine logische Folge. Ich empfand es als grosses Privileg, als Journalist und Moderator einem Millionenpublikum Nachrichten vermitteln zu dürfen. Kein Tag war wie der andere – ein Traumberuf. Ich denke, dass Geld bei der Berufswahl nicht der Antrieb sein sollte. Junge Menschen sollten in sich reinhören und reinschauen, Wünsche und Träume nie aus den Augen verlieren.»

Carla Jaggi, 31, Bergführerin
«Du musst es ausprobieren!»
«Als Mädchen wollte ich Goldschmiedin werden. Ich habe Steine und Kristalle gesammelt und daraus kleine Schmuckstücke gemacht. Als es darum ging, einen Beruf zu wählen, war ich überfordert. Wer kann eigentlich mit 15 schon so etwas Wichtiges entscheiden? Meine Eltern haben dann für mich eine KV-Lehre ausgewählt. Schon während der Ausbildung wusste ich, dass ich nie in einem Büro arbeiten werde. Den Gedanken, Bergführerin zu werden, trug ich lange in mir. Ich musste mir die extrem anspruchsvolle Ausbildung aber erst selber zutrauen. Ich habe es nicht bereut: Ich bin heute gut gebucht, muss sogar Aufträge ablehnen. Die KV-Grundlagen kann ich nun sehr gut gebrauchen. Was ich auf meinem bisherigen Berufsweg gelernt habe? Dass man auf sein Bauchgefühl hören darf. Es gibt aber nur einen Weg gibt, um herauszufinden, ob das Bauchgefühl stimmt: Du musst es ausprobieren!»

Melanie Oesch, 34, Sängerin bei Oesch's die Dritten
«Lebensschule Musikbusiness»
«Zuerst wollte ich Tierärztin werden. Ich umsorgte auf unserem Bauernhof die Tiere, war stolz darauf, dass ich meinen Vater beim Stalldienst vertreten konnte. Im Gymnasium entdeckte ich dann meine Liebe zur Sprache und zum Erzählen von Geschichten. Journalistin war ab da mein Ziel. Um die Zeit bis zur Ausbildung am Medienausbildungszentrum (MAZ) zu überbrücken, absolvierte ich ein Praktikum bei der Post. Der Auftritt im Musikantenstadl mit dem Ku-Ku-Jodel katapultierte uns dann in eine andere Welt. Eigentlich wollte ich die Musik nie zu meinem Beruf machen, weil ich fürchtete, dass sie für mich dadurch den Zauber verlieren könnte. Wir haben es dennoch gewagt. Heute fasziniert mich meine berufliche Selbstständigkeit. Ich habe unsere GmbH massgeblich mitaufgebaut und betreue sie nach wie vor. Das ist eine gute Lebensschule. Wenn man mit dem Herzen bei der Sache ist, setzt das Energien frei – und die Arbeit fühlt sich gut an.»

Fabian Rieder, 20, Fussballprofi
«Immer Vollgas»
«Ich wollte schon immer Fussballprofi werden. Am Anfang, beim FC Koppigen, hatte ich noch keine genaue Vorstellung davon, was das genau bedeutet. Später habe ich mich bewusst dafür entschieden. Ich wollte aber sichergehen, dass ich nicht plötzlich mit leeren Händen dastehe. Deshalb besuchte ich das Sportgymnasium und die Sport-Handelsschule Feusi. Dort kann man in vier Jahren einen KV-Abschluss machen. Das Praktikum machte ich auf der YB-Geschäftsstelle. Die Tage waren lang, erst recht, als ich bei YB in der ersten Mannschaft spielen durfte: morgens um sechs aus dem Haus, abends um acht zurück – und dann noch lernen. Letzten Sommer habe ich den Abschluss geschafft. Ich gebe einfach immer Vollgas bei allem, was ich tue. Ich ermuntere alle, an sich zu glauben und seine Ziele zu verfolgen. Die Ausbildung gibt mir Sicherheit für die Zeit nach der Karriere. Mit dem Fussball sieht’s ja im Moment nicht schlecht aus.»

Mathias Flückiger, 33, Mountainbike-Profi
«Kenntnisse aus dem vorherigen Beruf einbringen»
«Ich habe Baumaschinenmechaniker gelernt: Motoren, Metallbearbeitung, Elektronik, Hydraulik, Getriebe – dieser vielseitige Beruf hatte mich schon lange interessiert. Während der Berufslehre zeigte sich langsam, dass es für eine Profikarriere reichen könnte und nach dem Abschluss setzte ich voll aufs Velofahren. Auch hier mag ich die Abwechslung: 15 bis 30 Stunden Training pro Woche, daneben PR-Arbeit, Sponsoren-Pflege, Organisation und Erholung. Schon jetzt kann ich Kenntnisse aus dem vorherigen Beruf einbringen: So etwa in der Materialentwicklung. Ich könnte mir vorstellen, nach der Zeit als aktiver Sportler in einem technischen Beruf im Bike-Bereich zu arbeiten und so meine beiden Berufe zu kombinieren. Aber das wird das Leben zeigen. Mein Tipp an die Jugendlichen: Spürt, wofür ihr wirklich motiviert seid. Dann reicht die Energie auch für lange Tage.»

Melanie Barbezat, 31, Physiotherapeutin, dreifache Curling-Weltmeisterin
«Nicht lockerlassen»
«Als Jugendliche wollte ich Tierärztin werden. Doch beim Schnuppern merkte ich, wie nahe es mir ging, mich um kranke Tiere zu kümmern. Die Ausbildung zur Physiotherapeutin hatte ich schon länger im Kopf: Ich wollte etwas Handfestes lernen und Menschen helfen. Das Studium absolvierte ich parallel zu meiner Karriere als Curlerin. Das war wahnsinnig anstrengend. Nach dem Gewinn der Goldmedaille an der WM 2022 habe ich mich vom Spitzensport zurückgezogen. Ich möchte mich auf meinen Beruf und mein Unternehmen konzentrieren. Der Spitzensport lehrte mich einiges fürs Leben. Wenn man ein Ziel erreichen möchte, braucht es viel Disziplin. Man darf nicht lockerlassen. Um im Beruf und im Leben glücklich zu sein, sollte man wissen, wo die eigenen Fähigkeiten liegen und was man gerne tut. Denn wenn man mit dem Herzen bei einer Sache ist, macht man sie auch gut.»
Texte: Peter Bader, Mia Hofmann, Thorsten Kaletsch
Fotos: zVg